Helsinki, Finnland01/24–04/24

Ana Loureiro

Hallo an alle!

Ich heiße Ana Loureiro und bin bildende Künstlerin.

Ich hatte die Ehre, vom BMKÖS für das Residency-Programm an der ikonischen Cable Factory in Helsinki, dem größten Kulturzentrum Finnlands, ausgewählt zu werden. Mein Aufenthalt dauerte von Januar bis Anfang April 2004.

HIAP, das Helsinki International Artist Programme, war die Organisation, die mich betreute, und ich hätte es nicht besser treffen können.

Mit viel Engagement, Wohlwollen und Umsicht sorgten alle dafür, dass wir uns wohlfühlten, indem sie unsere Wünsche und unseren Arbeitsrhythmus respektierten, was sich auf die Ergebnisse des Projekts, das ich während meines dreimonatigen Aufenthalts ausarbeitete, positiv auswirkte.

HIAP erfüllte eine sehr wichtige Rolle bei der Herstellung von Kontakten zur Kunstszene in Helsinki und der Begleitung der Projektentwicklung.

Daneben hatte ich Gelegenheit zur Vernetzung mit anderen sehr talentierten und freundlichen Gästen des HIAP. All diese Faktoren zusammen sorgten dafür, dass ich mich glücklich und heimisch fühlte, auch wenn es draußen nur –18 Grad hatte und um 3:30 Uhr am Nachmittag schon ganz dunkel war.

Als ich die Ausschreibung des BKMÖS für den Studioaufenthalt bei HIAP sah und mehr über die Organisation erfuhr, erwachte meine Neugier für die Cable Factory. Ich begann ihre Geschichte zu recherchieren und war fasziniert. Ich wollte ein Projekt zu diesem Bauwerk umsetzen!

Da der Schwerpunkt meiner künstlerischen Praxis auf der Beziehung zwischen Räumen und Erinnerungen liegt, wobei ich tief in Archive und in ihre Geschichte eintauche, dachte ich, dass die Fabrik aufgrund ihrer Vergangenheit und ihrer jetzigen Nutzung ein gutes Studienobjekt wäre. Mein Wohnatelier befand sich in der Fabrik, was meine Beziehung zu ihr verstärkte. Irgendwann fühlte ich mich dann als Teil von ihr und der Community dort.

Als ich beinahe um Mitternacht ankam, war ich von der Monumentalität und der Architektur des Gebäudes überwältigt – es war „Liebe auf den ersten Blick“. Sobald ich begann, die Fabrik zu erkunden, stieß ich auf viele architektonische Spuren und Objekte: einige aus den frühen 40er Jahren, als hier an der Produktion von Elektro- und Seekabeln gearbeitet wurde, einige aus der Zeit, als die Fabrik zu Nokia gehörte und dann zu einem Kulturzentrum wurde.

Da Menschen auch eine starke Wirkung auf die Identität von Räumen haben, interessierte ich mich auch für die Vergangenheit der vormaligen Arbeiter:innen sowie für die Künstler:innen und die Organisationen, die jetzt in der Fabrik tätig sind.

Viele Stunden verbrachte ich in verschiedenen Archiven in Helsinki und mit Besuchen der Ateliers in der Cable Factory. Mithilfe von Silikonguss und Zeichnungen konnte ich die Spuren der verflossenen Zeit erfassen und nachbilden.

Die dreimonatige Residency war bereichernd!

Mit Unterstützung durch HIAP und die Curators-in-Residence konnte ich das Projekt in eine interessante Richtung vorantreiben und mich mit verschiedenen Menschen auch aus anderen Bereichen als der Kunst vernetzen.

Helsinki, HIAP und die Cable Factory sind Orte, die ich gerne in der nahen Zukunft wieder besuchen werde. Auf jeden Fall werden sie immer in meinen Gedanken und meinem Herzen weiterleben.

1. Mein Aufenthalt im Atelier in einem Wort:
  Lohnend
2. Dos & Don’ts an diesem Ort:
  Dos: Die Cable Factory ist ein einzigartiger und ganz besonderer Ort. Sie ist voll von Geschichte und Leben und bewahrt Elemente, die zu den verschiedenen Phasen des Bauwerks und den dort ausgeführten Tätigkeiten gehören. Es ist empfehlenswert, die Räumlichkeiten und Korridore der Fabrik zu erkunden und das enorme kulturelle Angebot zu nutzen. Es besteht keine Gefahr, dass in der Cable Factory Langeweile aufkommt!

Helsinki war eine stark industriell geprägte Stadt, was noch an der Architektur erkennbar ist, aber sie ist auch sehr auf die Natur und Freizeitangebote ausgerichtet. Über die ganze Stadt verteilt gibt es eine große Vielfalt an Saunas zum Ausprobieren, was eine gute Möglichkeit ist, eine Aktivität kennenzulernen, die zur Identität des Landes gehört. Da das Stadtzentrum nicht sehr groß ist, kann man es gut zu Fuß durchstreifen und dabei auch den Blick aufs Meer genießen. Ein Besuch der Festungsinsel Suomenlinna, die man in 15 Minuten mit der Fähre erreicht, ist sehr empfehlenswert – es ist ein Naturparadies!

Don’ts: Beim ersten Gang durch die Cable Factory sollte man jemanden mitnehmen, der sie kennt, denn ansonsten verirrt man sich in den Korridoren oder findet nicht mehr aus dem Keller heraus!

Im Winter sollte man nie ohne eistaugliches Schuhwerk hinausgehen.

Aufgrund der extremen Kälte verwandeln sich nämlich die Gassen und Straßen in wunderschöne „Eislaufplätze“. Es gibt Zeiten, wo Schlittschuhe keine schlechte Idee wären!
3. Das fehlt mir/das vermisse ich, seit ich nicht mehr dort bin:
  Ich vermisse alle Menschen, die ich kennengelernt habe, insbesondere die anderen Künstler:innen und die Mitarbeiter:innen von HIAP. Es fehlen mir die Treffen zum Kaffee jeden Donnerstag, wo wir alle im gemütlichen Gemeinschaftsraum im Büro von HIAP auf Suomenlinna zusammengekommen sind, um verschiedene Themen zu besprechen.

Ich vermisse die Cable Factory und die Art und Weise, wie ihre Vielfalt und Dynamik mich und meine Arbeit Tag für Tag inspirierten. Es war eine Ehre, Teil davon zu sein und dort zu leben sowie die Organisationen und Künstler:innen, die ihre Ateliers im Gebäude haben, kennenzulernen.

Ich war dort definitiv sehr glücklich!
4. Super Arbeitsmaterial gibt’s hier zu kaufen:
  Tempera Oy ist ein Geschäft, wo man eine breite Palette an Produkten für Kunst und Kunsthandwerk findet.
5. Das sollte man unbedingt von zu Hause mitbringen:
  Ich war im Winter dort, und da braucht man warme Stiefel! Der Winter dauert in Finnland eine halbe Ewigkeit!
6. Zum Thema Kunst an meinem Residency-Ort und wo ich die besten Ausstellungen besucht habe:
  Ein guter Tipp: Der Eintritt in den meisten Museen in Helsinki ist am letzten Dienstag oder Mittwoch jedes Monats frei!

Am besten gefielen mir die Ausstellungen in den Museen für Photographie, Architektur und Design sowie im Amos Rex und im Kiasma.

Die MUU-Galerie in der Cable Factory ist durchaus sehenswert. Im Stadtzentrum findet man auch verschiedenste Galerien mit interessanten Ausstellungen: Sinne Gallery, Hippolyte, Forum Box, Maa-Tila etc.
7. Rund um das Auslandsatelier – hier kaufe ich ein, hier trinke ich Kaffee und hier gibt’s das beste Mittagsmenü um die Ecke:
  Die besten Lokale für Mittagessen und Kaffee gibt es in der Cable Factory selbst: Im Traba und im Hima&Sali sind das Essen sowie Kaffee und Kuchen sehr gut und günstiger als sonst in Helsinki.
Von meinem Atelier hatte ich es nicht weit zum nächsten Supermarkt, wo ich verschiedenste Produkte finden konnte und der 24/7 offen war.
8. Den Tag lasse ich bei einem Dinner, Drinks, gutem Sound oder zum Networken häufig hier ausklingen:
  Im Winter ist es durch die sehr tiefen Temperaturen und die sehr kurzen Öffnungszeiten nicht einfach auszugehen. Allerdings sind Karaoke-Bars in Helsinki sehr beliebt!

Wenn ich mich mit den anderen Künstler:innen austauschen und treffen wollte, dann geschah das meist bei Ausstellungseröffnungen, die am späten Nachmittag bzw. Abend stattfanden.

Außerdem haben einige Künstler:innen zu köstlichen Abendessen in ihren Räumen eingeladen. Das waren sehr angenehme Momente.
9. Was ich eigentlich gerne schon am Beginn meiner Residency über das Atelier gewusst hätte:
  Alles wurde vor meiner Anreise gut erklärt und sorgfältig vorbereitet.
HIAP ist eine sehr effiziente Organisation. Alle sind so professionell und die Assistent:innen sind die nettesten Leute, die ich je getroffen habe!

 



Website Künstler:in:              analoureiro.com