Kulturelle Landkarte der BMKÖS Auslandsateliers

Aktuell expandiert das BMKÖS nach Skandinavien sowie ins Baltikum und bietet mit FREE AWAY eine geografisch frei wählbare Art Residency an, die sich an Künstler:innen wie Kurator:innen richtet. Die Studios in Helsinki, Finnland (in Kooperation mit HIAP) und jenes in Vilnius, Litauen (in Kooperation mit RUPERT) können Künstler:innen der Visuellen Kunst & Medien ab 2024 bespielen. Mit FREE AWAY sind Kurator:innen und Künstler:innen der Visuellen Kunst & Medien ebenfalls ab 2024 zu unterschiedlichsten Destinationen unterwegs.

Begonnen hat alles mit Rom – die geografische Chronologie der Auslandsateliers des BMKÖS

Aus dem Stipendium zum künstlerischen Studium in Rom (ab 1978 umbenannt in Stipendium zur künstlerischen Weiterbildung in Rom), mit dem von 1974 bis 1978 jährlich ein bis zwei und danach drei bis vier österreichische Künstler:innen nach Rom entsandt wurden, entwickelte die Kunstsektion Mitte der 1980er-Jahre das institutionalisierte Auslandsatelier-Programm. Im Zentrum der Ewigen Stadt, unweit der Piazza Navona, wurde 1985 das erste eigenständige Auslandsatelier eröffnet, das bis 2017 als Gemeinschaftsatelier für bildende Künstler:innen und ab 1988 auch für Fotokünstler:innen diente. Doch warum Rom? Für Künstler:innen und Bildungsreisende (vor allem aus England) des 17. bis 19. Jahrhunderts durfte Italiens Hauptstadt als Station auf ihrer Grand Tour zu den großen Kulturstätten Europas nicht fehlen. Ein jüngeres Vorbild war die Deutsche Akademie, welche ihr 1913 gegründetes Atelierprogramm ebenfalls in Rom, in der Villa Massimo, einrichtete. Neben diesen geschichtsträchtigen Idealen gab es auch praktische Gründe für die Pionier-Destination Rom: „Der Umstand, dass wir in der österreichischen Botschaft sowie dem Kulturforum in Rom große Unterstützung für das Projekt gefunden haben, erleichterte natürlich die Organisation.“
1985 wurde mit Paris – integriert in das Studioprogramm der 1965 gegründeten Cité Internationale des Arts – die zweite Destination des Programms in einer weiteren klassischen Kunstmetropole definiert.

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Studios

des BMKÖS seit 1970

ab 2024

Accra, Ghana

144 La Rd
Accra
5° 33' 20" N, 0° 10' 14" W
Ghana

in Kooperation mit Foundation for Contemporary Art – Ghana (FCA)

FCA Ghana project space and library at the W v2.E.B. Dubois centre for Pan African Culture. Foundation for Contemporary Art Ghana © Foundation for Contemporary Art – Ghana

Mit der Foundation for Contemporary Art – Ghana (FCA) als Kooperationspartner bietet das BMKÖS ab 2024 Art Residencies in Accra, Ghana an.


ab 2024

Seoul, Südkorea

3F, 74-18 Yulgok-ro 3-gil, Jongno-gu
03061 Seoul
37° 34' 44" N, 126° 58' 59" E
Südkorea

in Kooperation mit Art Sonje Center

Seoul 3 v2 © Conny Zenk

Ab 2024 erweitert das BMKÖS Auslandsatelier-Programm seine Aktivitäten in Seoul, Südkorea.


ab 2024

FREE AWAY



Mit Free Away erweitert das BMKÖS die Grenzen des eigenen Programms radikal. Anstatt konkrete Studios zur Verfügung zu stellen, können Künstler:innen und Kurator:innen für einen selbstständig zu organisierenden Auslandsaufenthalt Ort und Zeitpunkt frei wählen. Free Away wird ab 2024 zehnmal jährlich, bevorzugt für eine an ein Studioprogramm angebundene Art Residency oder ein konkretes Arbeitsvorhaben, vergeben. Für das erste Jahr werden mit FREE AWAY Art Residencies in Griechenland, Japan, Litauen, Italien, Grönland, Thailand und den Niederlanden ermöglicht.


ab 2024

Vilnius, Litauen

Vaidilutés st. 79
10100 Vilnius
54° 44’ 35“ N, 25° 17’ 42“ E
Lithuania

in Kooperation mit RUPERT

cRupert © RUPERT

Ab 2024 erweitert das BMKÖS Auslandsatelier-Programm seine Aktivitäten ins Baltikum und stellt Stipendiat:innen ein Studio in Litauens Hauptstadt Vilnius zur Verfügung. Die Residency wird einmal jährlich für einen zweimonatigen Aufenthalt vergeben und ist an das interdisziplinäre Programm von RUPERT angebunden. Das Wohnatelier ist in einem spektakulären Holzbau untergebracht, der als großes Atelierhaus geführt wird, und zeichnet sich durch seine besondere Lage aus: Mitten im Grünen, nahe dem Flussbad am Neris gelegen und doch nicht weit vom Stadtkern entfernt, taucht man in das kulturelle Zentrum von Vilnius ebenso ein wie in Litauens Naturlandschaft.


ab 2024

Helsinki, Finnland

Suomenlinna B 44–45, 00190 Helsinki und
Tallberginkatu 1, 00180 Helsinki
60° 08’ 38“ N, 24° 59’ 10“ E
Suomi

in Kooperation mit HIAP

Cable Factory cultural centre cPatrik Rastenberger © Patrik Rastenberger

Mit HIAP (Helsinki International Artist Programme) als Kooperationspartner bietet das BMKÖS ab 2024 Art Residencies in Finnland an. Dafür steht entweder ein Wohnatelier in der Cable Factory, einem 50er-Jahre-Industriebau in Helsinkis Zentrum, der zu Finnlands größtem Kulturzentrum mit Museen, Galerien etc. entwickelt wurde, oder eines auf der kleinen Insel Suomenlinna zur Verfügung. Die Unesco Weltkulturerbe-Stätte beherbergt eine Reihe von Künstler:innen-Ateliers und ist von Helsinkis Marktplatz in 15 Fähr-Minuten zu erreichen. Das Helsinki International Artist Programme bietet technische, räumliche und personelle Ressourcen, um den interdisziplinären Dialog und die künstlerische Entwicklung der Stipendiat:innen zu fördern.


2021

Washington, D. C., USA

336 Randolph Place NE
Washington, DC 20002
38° 54' 50" N, 77° 00' 03" W
USA

cFlorian Raditsch © Florian Raditsch

Manchmal tun sich für das Auslandsatelier-Programm kurzfristig neue Studios auf – wie die einmalige Art Residency in Amerikas Capital City Washington, D.C. Die am Reißbrett skizzierte Planhauptstadt zwischen Maryland und Virginia ist charakterisiert durch ihre imposanten Bauwerke sowie deren bedeutsame Nutzung: Alle kennen White House, Kapitol, Supreme Court und Pentagon – doch wie sieht die Kunstszene in Amerikas Zentrum der Macht aus, das ‚Gerechtigkeit für alle‘ im Stadtwappen proklamiert? Away Art Residencies bieten den künstlerischen Lokalaugenschein in der Capital Region am Anacostia River sowie die Suche nach deren Strukturen und Eigenheiten.

… Washington DC ist voller Widersprüche, … hat viel zu bieten und liegt strategisch günstig – in nur ein paar Stunden erreicht man mit dem Auto viele Städte wie New York City, Baltimore, Philadelphia und Richmond. Das Auslandsatelier befindet sich derzeit im STABLE in Eckington, wo viele lokale Künstler*innen in den zu Ateliers umgebauten historischen Stallungen arbeiten. […] Das Auslandsatelier eröffnete viele großartige Chancen sowohl in beruflicher als auch persönlicher Hinsicht, und ich bin sehr dankbar für diesen Aufenthalt in DC, der es mir ermöglichte, so viele wunderbare Menschen und auch die Kunst und Geschichte hier kennenzulernen.

Florian Raditsch, Residency 2021

seit 2018

Herzliya, Israel

Yodfat 7
Herzliya
32° 10’ 31“ N, 34° 49’ 03“ E
Medinat Jisra’el

in Kooperation mit The Herzliya Artists’ Residence

cAlexandra Berlinger v2 © Alexandra Berlinger

2018 wurde mit Herzliya bei Tel Aviv die erste Destination im Nahen Osten eingerichtet. Das Atelier befindet sich in einem Apartmenthaus mit weiteren Studios für nationale und internationale Künstler:innen und ist an die Artists’ Residence Herzliya (gegründet 1995) angebunden, welche Ausstellungen, Artists Talks, Tutorien und die englischsprachige Betreuung der Stipendiat:innen organisiert. Vom ruhigen Herzliya ist man öffentlich rund 35 Minuten unterwegs, um das pulsierende Zentrum von Tel Aviv mit seinen weißen Bauhaus-Gebäuden zu erreichen. Zum Strand geht’s bedeutend schneller, in nur zehn Minuten. Gewöhnungsbedürftig: Am Shabbat (freitags von Einbruch der Dunkelheit bis zum Sonnenuntergang am Samstag) legt das öffentliche Leben in Israel einen strikten Ruhetag ein!

Als Labyrinth entworfen, in dem man sich verlieren soll, steht die ehemals größte Busstation der Welt in Tel Aviv. Sie sollte eine Million Menschen am Tag befördern […] zur Bauzeit ein Drittel der Bevölkerung. Bis heute ist daraus nicht wirklich etwas geworden – eine Fehlinvestition über 30 Jahre Bauzeit. […] Von illegalen Nagelsaloons, Spielzeug-Waffen, einem Club und Verschwörungstheorien beinhaltet das Gebäude [heute] alles. […] Die Station inmitten der Stadt spiegelt für mich auch so vieles des Landes wider. Viele kleine Inseln und Ecken, die alle unterschiedlich sind, die nicht zueinander passen, aber trotzdem gemeinsam funktionieren.

Wilhelm Scherübl Jr., Residency 2018

2018–2022

Moskau, Russland

CCI Fabrika 18, Perevedenovsky side-street
105082 Moskwa
55° 46’ 47“ N, 37° 41’ 23“ E
Rossija

in Kooperation mit Centre for Creative Industries „Fabrika“

cFabrika v4 © Fabrika

Riesige Hallen und jede Menge verschachtelte Räume öffneten sich hinter den Mauern einer ehemaligen Papierfabrik, die 2005 in CCI Fabrika, The Center for Creative Industries verwandelt worden war. Neben Residency-Ateliers und Ausstellungsflächen für bildende Kunst gab es Veranstaltungsräume für Tanz, Performance, Theater, Film und Musik. Vom Rand der historischen Altstadt aus agierte die Institution als Plattform für zeitgenössische Kunst, förderte den internationalen Austausch und hatte sich als Hotspot für spannende Produktionen etabliert – für das zweistöckige Wohnatelier des BMKÖS war Fabrika demnach Ort und Programm zugleich. Zur Stadtentdeckung diente die Metro – sie verkehrt im Minutentakt, hat imposante Bahnhöfe zu bieten und lässt die Millionen-Metropole unkompliziert erfahren. Von der Art Residency war man in knapp 30 Minuten am Roten Platz und stadtauswärts in rund 15 Minuten im riesigen Sokolniki Park (dem Grünen Prater Moskaus).

Moskau hat meine Erwartungen übertroffen. Es ist eine riesige, pulsierende Metropole […]. Selbst 30 Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind ihre Spuren überall zu sehen […] alles dreht sich um Maßstab und Pracht, ist sehr europäisch, aber anders als im übrigen Europa. Ich denke, dass ich auch von meinem Aufenthalt lerne. Ich bin auf der von Moskau dominierten Seite des Eisernen Vorhangs aufgewachsen; habe als Kind mit sowjetischem Spielzeug gespielt. Vieles in dieser Stadt ist für mich wie ein Blick in die Vergangenheit. […]

Kosta Tonev, Residency 2019

2017–2019

Brüssel, Belgien

Avenue van Volume 354
1190 Brussel
50° 49’ 28“ N, 4° 19’ 34“ E
België

in Kooperation mit WIELS Art Center

c Gregor Eldarb v6 © Gregor Eldarb

Mit dem WIELS Centrum voor Hedendaagse Kunst stand den österreichischen Stipendiat:innen eine Residency in Brüssel zur Verfügung. Untergebracht in einer ehemaligen Brauerei, dem sogenannten Blomme Building, bildete das WIELS einen Blickfang im städtischen Architektur-Gefüge und hatte sich mit einem reichen Veranstaltungs- und Ausstellungsangebot zum Hotspot der Brüsseler Kunstszene entwickelt. Die Residency wurde von Künstler:innen betrieben, die mit wöchentlichen Tutorien, Artist Talks, Open Studios und Exkursionen für einen regen Austausch der jeweils neun internationalen Stipendiat:innen sorgten. In zwölf Minuten Distanz zum Atelierhaus (Straßenbahn) stand am Boulevard du Midi 57 box / boîte 33 eine kleine Wohnung für die Art Residency zur Verfügung.

In WIELS ist im Zusammenwirken der inspirierenden Betreuung durch die Mentoren, der Einbindung in die Kunstszene der Institution WIELS, dem Dialog mit meinen Residency-Kolleg:innen, den Arbeitsmöglichkeiten in einem wunderschönen Atelier inmitten der vielseitigen Stadt Brüssel eine besonders bereichernde Atmosphäre für meine künstlerische Arbeit entstanden.

Bernd Oppl, Residency 2018

2012–2022

Banff, Kanada

107 Tunnel Mountain Drive
Banff, Alberta Canada T1L 1H5
51° 10’ 21“ N, 115° 33’ 43“ W
Canada

cKatrin Hornek © Katrin Hornek

Die Banff-Residency war der Inbegriff vom abgeschiedenen Arbeiten. In die Postkartenidylle zwischen Rocky Mountains und Bow River hat sich die moderne Architektur des Banff Centre eingeschrieben. Seit 1993 werden Atelierplätze an Kreative aus aller Welt vergeben, inzwischen mehrere Tausend pro Jahr. Einzelne Studios sind in der Leighton Artists Colony, mitten im Nationalpark untergebracht (neun Holzhäuser, die von kanadischen Architekt:innen gestaltet und auf die Kunstrichtungen ausgerichtet sind). Diese Residency war ausschließlich Medienkünstler:innen gewidmet. Die Bewerbung erfolgte über ein konkretes Projekt. Eine Jury des BMKÖS schlug der Partnerorganisation eine Auswahl vor, den konkreten Platz vergab das Banff Centre. Die Kooperation wurde 2022 aufgrund einer Neuausrichtung Banffs vom BMKÖS beendet.

Ich sah einen Bären und viele Eichhörnchen. Ich hörte die Züge am Morgen und ging wandern. Einsame Lüth, Wapiti, mein Freund!

Andrea Lüth, Residency 2016

seit 2011

Istanbul, Türkei

Firuzaga Mahallesi, Süngü Sokak, No. 1
Cihangir, Beyoglu, Istanbul
41° 01’ 47“ N, 28° 58’ 54“ E
Türkiye

cEnar de Dios Rodriguez © Enar de Dios Rodríguez

Das Wohnatelier befindet sich in Cihangir Beyoğlu, einem der ältesten Bezirke im europäischen Teil von Istanbul, zwischen Taksim-Platz und der Galata-Brücke. Beyoğlu gilt als Zentrum des modernen Istanbul und ist durch viele Bauten der Jahrhundertwende sowie sein quirliges Treiben zwischen Geschäften und Restaurants charakterisiert. 2016 wurde, als Antwort auf die regierungskritischen Proteste ab 2013, der Ausnahmezustand über die Türkei verhängt. Stipendiat:innen müssen seither (wie alle Bewohner:innen) mit verstärkten Personenkontrollen rechnen und werden aufgefordert, sich ihrer eingeschränkten Bürgerrechte als Gäste bewusst zu werden.

[…] wenn das Fenster offen ist, strömt der Duft von Çay, Kaffee, Zigaretten oder die dezente Bosporus-Brise ins Atelier. In einem orientalischen, mir gewohnten Takt höre ich manchmal den Muezzin plärren oder singen. Mit dieser täglichen Routine, verortet in einem hauptsächlich muslimischen Staat, fühle ich eine sanfte und gemütliche Nähe zur Stadt.

Sherine Anis, Residency 2017

2011–2019

Yogyakarta, Indonesien

Pelem Sewu, RT 06, Pangguanharjo,
Sewon, Bantul, Yogyakarta
07° 50’ 27“ S, 110° 21’ 26“ E
Indonesia

Yogyakarta war lange die entlegenste Destination im Auslandsatelier-Progamm des BMKÖS – ganze 11.000 km von Österreich entfernt, ist sie die Hauptstadt des gleichnamigen Sultanats. Die Universitätsstadt an Javas Südküste überraschte mit der dichtesten Kunst- und Kulturszene Indonesiens inmitten des paradiesischen Inselfeelings: Historische Tempelanlagen, die spirituelle und höfische Kultur Javas wie auch der sagenumwobene Vulkan Merapi zählen zu den touristischen Highlights der Region. Das Arbeiten in der entlegenen Destination erforderte Vorbereitung: Moskitonetze und ein aufgeladenes Mobiltelefon waren unerlässlich, um den Alltag zu bewältigen, hohe Luftfeuchtigkeit und Rücktransportkosten ein wichtiger Faktor für die Wahl der Werkmaterialien. Die im Garten lebenden Geckos kamen häufig zu Besuch ins Atelier, das 2019 aufgelassen wurde.

[…] Zur Ruhe kommen und die eigene touristische Ökonomiespur wahrnehmen […]. Frei von permanenter Selbst- und Zeitoptimierung und von täglichen finanziellen Sorgen und Nöten, die ansonsten immer den künstlerischen Prozess mit umkreisen. 24/7 Zeit für Kunst zu haben oder für die Produktion, zum Lesen und Lernen ohne den permanenten drohenden Schatten des Zweit- oder Drittjobs, ist ein ungeheurer Luxus, der ungeheure Energien und Ideen freisetzen kann. Ideen für künstlerische Arbeiten werden ja nicht nur in ständiger Überproduktivität hervorgebracht.

Veronika Burger, Residency 2016

2008–2020

Peking, China

The Dongbianmen Watchtower
Changwenmen District, Beijing 100600
40° 01’ 04“ N, 116° 30’ 21“ E
Zhōghuá Rénmín Gònghéguó

in Kooperation mit Red Gate Gallery

cDejan Dukic © Dejan Dukic

In Feijiacun – nördlich von Peking gelegen und als „Artists Village“ bezeichnet – war das große, ruhige Studio im Verbund mit weiteren Residency-Ateliers der Red Gate Gallery/RGG sowie lokalen Künstler:innen-Ateliers zu finden. Von der bewachten Hofstraße aus macht der Ort den in China allgegenwärtigen Culture Clash und den Raubbau an gewachsenen Strukturen sichtbar: Hochglanz-Wolkenkratzer ragen neben slumartigen Siedlungen in die Höhe. Während einerseits alle mit Hightech kommunizieren, haben kommunale Dienstleistungen (Müllabfuhr, Warmwasser- und Stromversorgung) reichlich Entwicklungspotenzial. Das Pekinger Atelier bot einen realen Blick auf das zeitgenössische China und mit der RGG einen unterstützenden Kooperationspartner durch die Kunst-Szene wie den U-Bahn-Dschungel.

… beijingichliebedir …
im ersten monat war ich jede minute auf den beinen, um mit meinen kolleg:innen die stadt zu erforschen. wir waren in jeder ausstellung, wir waren in jedem museum, am tian’anmen-platz, auf der chinesischen mauer, tranken abends bier im zentrum, aßen uns durch alle gerichte (ja auch tauben, kalbsoesophagus, entenherzen, schweinehautsuppe etc. …) streunten durch caochangdi und den 798 und ließen keinen tag verstreichen, ohne neues gehört oder gesehen zu haben …

Silvia Robin Ederer, Residency 2019

seit 2007

Tokio, Japan

6-30-3, Higashi Ogu
Arakawa-ku, Tōkyō
35° 44’ 54“ N, 139° 46’ 24“ E
Nihon-koku

cKatharina Gruzei Bildrecht Wien 2017 © Katharina Gruzei / Bildrecht Wien

Als Oase der Ruhe mit guter öffentlicher Anbindung ans Zentrum beschreibt das BMKÖS sein Auslandsatelier in Tokio. Arakawa heißt der Bezirk, der es beherbergt, just eine Städtepartnerschaft mit der Wiener Donaustadt unterhält und durch Wohnbauten und Bildungseinrichtungen geprägt ist. Tokio ist als Metropolregion mit Yokohama und 38 Mio. Einwohner:innen nach wie vor die größte Stadt der Welt, steht niemals still und überwältigt mit einem kunterbunten Mix aus Manga-Hype, Business-Wahn und Jahrtausende alten Kunstgeschichten. Wo sind die Kunst-Highlights in Tokio zu finden, und kann man es hier verhindern, „lost in translation“ zu sein?

Dos in Tokio: Im Mori Art Museum vom 53. Stockwerk oder im Rathaus Shinjuku vom 45. Stockwerk aus auf die Stadt hinunterschauen, sich in einem Cut-Only-Shop für 1000 Yen (ca. 8 Euro) die Haare schneiden lassen, in den Imbisslokalen zwischen den Salarymenschen stehen und eine Suppe schlürfen, sich für Tempel und Schreine interessieren, die Antiquariate in Jimbocho durchforsten, die wichtigsten japanischen Sätze auswendig lernen, v. a. ‚iranai/daijobu desu‘ (nein danke/das brauche ich nicht/ist schon gut), seinen Namen in Katakana schreiben lernen (darum wird man oft gebeten), sich das Ticket Seishun 18 Kippu kaufen und mit den Regionalzügen an Japans Küsten, Reisfeldern und dem Fuji entlangfahren, zumindest einmal mit dem Shinkansen fahren, falls Sommer ist, auf den Fuji gehen, auf halbem Weg in einer Kabine übernachten, bei Sonnenaufgang vom Gipfel schauen und Cup Noodles zum Frühstück essen …

Theodor Maier, Residency 2021

2007–2009

Nanking, China

22 Hankou Road, Gulou District
210093 Nanjing, Jiangsu
32° 03’ 12“ N, 118° 46’ 57“ E
Zhōghuá Rénmín Gònghéguó

cGerald Nestler © Gerald Nestler & Sylvia Eckermann

Nanking ist die Hauptstadt der ostchinesischen Provinz Jiangsu und liegt 300 km flussaufwärts von Shanghai. Im 14. und 15. Jahrhundert war der Ort das Zentrum der Ming-Dynastie, wovon viele historische Bauten und Denkmäler zeugen (das Nanjing- oder Zentralchinesische Museum zählt ebenso zu den wichtigsten Sammlungen des Lands wie die Nanjing-Bibliothek). Die Residency hat sich aus dem Austausch mit chinesischen Künstler:innen ergeben und war organisatorisch an das Art Institute der Nanjing University (heute Academy of Fine Arts) angebunden, die ihre Ursprünge im 3. Jahrhundert hat und damit als älteste Bildungseinrichtung Chinas gilt.


seit 2003

Shanghai, China

98, Zhenning Road, Jing’an District
Shanghai 200040
31° 13’ 10“ N, 121° 26’ 12“ E
Zhōghuá Rénmín Gònghéguó

cFranz Schubert © Franz Schubert

La Residence nennt sich der Wolkenkratzer im hippen Viertel Jing’an, in dem sich das Wohnatelier befindet, das jährlich einmal an zwei Künstler:innen (gleichzeitig) vergeben wird. Es ist an das Programm der Shanghai Theatre Academy angebunden, die fußläufig erreichbar ist, Austauschprogramme mit 30 Ländern unterhält und als Institution der Performing Arts gilt. Für die Stipendiat:innen ergeben sich daraus viele praktische Aspekte – Werkstätten, Zusatzräume, Kantine und Fitnesscenter können genutzt, Equipments ausgeliehen und Performances gratis besucht werden, wodurch sich jede Menge Anknüpfungspunkte ergeben. Unerlässlich für die Navigation in der Boomtown ist das Smartphone – auch für die aktuellen Luftwerte, nach denen Stipendiat:innen die Arbeitstage ihrer Art Residency einteilen sollten.

… Für Shanghai ist das 30-m²-Apartment (am Türschild steht Suite) im 29. Stock relativ groß und der Zufall, ein Einzelapartment zu bekommen, ein Glück … Dank durchgehender Fensterfront hat es sehr angenehmes Licht und Blick auf eingerüstete Zwillingstürme, die beeindruckende Stadtausschnitte zeichnen. Lärm entkommt man in chinesischen Großstädten eigentlich nie.

Franz Schubert, Residency 2016

2003–2019

Mexico City, Mexiko

Sierra Tarahumara Ute. 420
11000 Ciudad de México
19° 24’ 51“ N, 99° 13’ 36“ W
Estados Unidos Mexicanos

cMarlene Hausegger © Marlene Hausegger

Als Auslandsatelier in Mexico City diente ein Bungalow im Garten von Österreichischer Botschaft und Kulturforum. Die feine Adresse hatte den Vorteil, dass man hier gut vernetzt, sehr ruhig und sicher wohnte, allerdings auch ein wenig „entrückt“. Mit einem Wochenmarkt gegenüber der Botschaft war die Nahversorgung gut, und mit Taxi oder öffentlich ins Zentrum war man 45 Minuten unterwegs. Neben Kleingeld sollte man fürs Unterwegssein reichlich Geduld mitnehmen – Pünktlichkeit ist anderswo zu Hause. Zwischen der Fülle an Kunst-Spots, historischen Stätten, Museen und dem quirligen Treiben bietet die bunte Stadt auch jede Menge Grünflächen zum Verweilen sowie mit dem „Centro Austriaco“ den geschäftigen Verein der Auslands-Österreicher:innen in Mexiko.

Die Stadt mit ihren Farben, Festen, Abgasen und Ambivalenzen. Die Terrasse am Botschaftsgelände, Bücher und Eidechsen. Die Leute gleich klein wie ich. Meine Vorstellungskraft viel größer. Die Underground Publishing Houses, Artist-run Spaces, der Spirit der Beat Generation. Die Roadtrips. Das Matriarchat in Tehuantepec. Die Sonne trinken.

Marlene Hausegger, Residency 2016

2000–2014

Chengdu, China

Southwest Jiaotong University
610031, Chengdu, Sichuan
30° 46’ 19“ N, 103° 59’ 05“ E
Zhōghuá Rénmín Gònghéguó

cLeopold Kessler v2 © Leopold Kessler

Die Residency in Chengdu war von 2000 bis 2014 aktiv und an die Southwest Jiaotong University und deren Kunstfakultät (spezialisiert auf alte Drucktechniken) angebunden. Gewohnt haben die Stipendiat:innen in einer Zwei-Zimmer-Wohnung mit Blick auf einen See, während das einfache, 15 m² große Atelier auf dem Uni-Campus untergebracht war. Chengdu ist die Hauptstadt der Provinz Sichuan, liegt im Südwesten Chinas und ist mit 15 Millionen Einwohner:innen eine echte Metropole – im Riesenreich aber nur die viertgrößte Stadt. Die zeitweilig starke Präsenz des Auslandsatelier-Programms in China ist mit dem Engagement einer chinesischen Universitätsprofessorin in Wien erklärt, die sich um den kulturellen Austausch zwischen China und Österreich bemühte.

Chengdu ist wohl die sanfteste unter den Millionen-Metropolen Chinas. Hier und im benachbarten Chongqing erlebt man China auf eine intensivere und zugleich umgänglichere Art und Weise als in Peking oder Shanghai. Mit seinen vielen Parks und Teehäusern habe ich Chengdu im Vergleich zu anderen Städten immer als erholsam empfunden.

Kai Maier-Rothe, Residency 2015

seit 1998

New York, USA

1040 Metropolitan Avenue, Apt 218
Brooklyn, NY 112111
40° 42’ 52“ N, 73° 56’ 04“ W
USA

in Kooperation mit ISCP

cMoussa Kone © Moussa Kone

1040 Metropolitan Avenue, Apt. 218, Brooklyn. Diese New York-Adresse beherbergt seit 1998 eine Residency für Stipendiat:innen der Visuellen Kunst & Medien. Organisatorisch an das 1994 gegründete ISCP in Brooklyn mit seinem umfangreichen Programm aus Studio Visits, Critics-Terminen, Museumsbesuchen, Vorträgen und Präsentationen angeschlossen, wird den Stipendiat:innen hier ein echtes Eintauchen in die lokale Szene und der rege Austausch mit nationalen und internationalen Kolleg:innen geboten. Gewohnt wird 40 Minuten entfernt in Manhattan West Village: 255 W 10th Street, # 3 FN. Das Apartment besteht aus Wohnküche, Schlafzimmer und Bad, es befindet sich in der zweiten Etage eines typischen Backstein-Townhouses, in Nachbarschaft zum Hudson River Park, dem Whitney Museum und einer Vielzahl angesagter Galerien, Lokale und Geschäfte.

ISLAND, TO STRAY, FRAGMENT, BOOK, MATCH, GRID, MAPPING, SCAN, FIRE ISLAND, PANEL, OUTDOOR, EXPERIENCE, TOPOGRAPHY, QUEERNESS, MEDITATION, SHIFT, INDOOR, MEAT, NYC INFERNO, ENTERTAIN, CENTER, CARLOS, A HOUSE, MARBLE, ORNAMENT, RACK, BRENT, TO FOLLOW, TO FOLLOW BACK, MARK, ONYX, SLIDE, STEFAN, THE PIERS, MIES, TRACK, ENTRANCE, MODERNISM, DOWNTOWN, LOBBY, MIRROR, RUSH, UNCUT

Mario Kiesenhofer, Residency 2018

1995–2017

Krumau, Tschechien

Atelier 4, Siroká ul. 70-72, Mezinárodní
38101 Česky Krumlov
48° 48’ 38“ N, 14° 18’ 49“ E
Česká republika

cManuela Mark © Manuela Mark

In Kooperation mit dem internationalen Atelierprogramm des Egon-Schiele-Art-Centrum wurde von 1995 bis 2017 ein Auslandsatelier im tschechischen Krumau unterhalten. Kunsttechnisch ist Český Krumlov kein Hotspot – hier wurde ein Ort ausgesucht, der das konzentrierte Arbeiten in ruhiger Umgebung ermöglichte. Abseits allgegenwärtiger Alltagsablenkungen bot das turmartige Gebäude am Ufer der Moldau mit seinem neun Meter hohen Atelierraum Abgeschiedenheit, Ruhe und „viel Luft nach oben“. Bis in die 1940er-Jahre wurde in dem Gebäudekomplex Bier gebraut. Die geografische Nähe zu Wien brachte jedoch mit sich, dass die Residency nicht immer als echte Auszeit genutzt wurde.

… das Atelier – ein mächtiger, turmartiger Raum; die konzentrierte Beschäftigung mit meiner Arbeit – ohne Ablenkung und mit finanzieller Absicherung: arbeiten, Stadtspaziergang, etwas Neues entdecken, weiterarbeiten – höchst konzentriert und intensiv. Das tolle Atelier nutzen, arbeiten und sich Nischen im kleinen Ort suchen!!

Stefan Osterider, Residency 2014/15

seit 1994

New York, USA

1040 Metropolitan Avenue, Apt 218
Brooklyn, NY 112111
40° 42’ 52“ N, 73° 56’ 04“ W
USA

cAlexandra Grausam © Alexandra Grausam

Von 1994 bis 2018 wurde diese Art Residency für Fotokünstler:innen als autonomes Wohnatelier geführt und ist nun an das ISCP angeschlossen – Atelier, Galerie, Projektraum, Studio Visits, Präsentationen und der Austausch mit vielen weiteren internationalen Stipendiat:innen inklusive. Gewohnt wird nach wie vor im 20. Stock des Grand Chelsea. Das Apartment wurde 1993 vom damaligen Wirtschaftsministerium angekauft und dem BMKÖS für Auslandsstipendiat:innen zur Verfügung gestellt. Es gilt als all-time favorite, eröffnet einen umwerfenden Blick auf die Skyline Manhattans und bietet die Möglichkeit, in das dichte Kulturleben von Big Apple einzutauchen: Brownstone-Häuser, High Line Park und Whitney Museum in Laufdistanz.

In meiner Zeit in New York ist der Sturm ‚Sandy‘ eingefallen – der Höhepunkt meines Aufenthalts. Es war spannend, die Stadt im Ausnahmezustand zu erleben: Die Straßen leer bis zur 50sten, die Geschäfte geschlossen, kein Strom und kein Wasser, und ich musste die 20 Stockwerke im Dunkeln hoch und runter – ein zusätzliches, gratis Fitnessprogramm! Es war großartig!

Corinne L. Rusch, Residency 2012

seit 1994

London, UK

58 Wrexham Road, Bow
London, E3 2TJ
51° 31’ 51“ N, 0° 01’ 06“ W
UK

cChristina Werner Bildrecht Wien 2022 v2 © Christina Werner / Bildrecht Wien

Das zweistöckige Wohnatelier in London zeigt sich very British: Im viktorianischen Townhouse samt kleinem Garten, das 1993 vom damaligen Wirtschaftsministerium angekauft und dem BMKÖS für Auslandsstipendiat:innen zur Verfügung gestellt wurde, finden Künstler:innen Ruhe und ein besonders schönes Licht. Der Stadtteil Bow gehört zum Bezirk Borough of Tower Hamlets in Londons East End, gilt als traditioneller Arbeiterbezirk und hat eine Stadtpartnerschaft mit Mödling. London erfindet sich täglich an einer anderen Ecke neu. Mit der Fülle an Galerien, Museen, der einflussreichen Kunstmesse Frieze und der aktiven Szene kann die englische Metropole ihren Stellenwert als heißes Kunst-Pflaster bis heute behaupten. Zu entdecken gibt es neben der Kunst auch einen ungewohnten Zeit- und Distanzbegriff sowie ein ausgeklügeltes Mülltrennsystem im Studio (Papier, Glas, Plastik und Metall packt man dienstags in rosa Müllsäcke und den Rest zur Abholung am Donnerstag in die schwarze Version).

Wenn man etwas künstlerisch schaffen will, dann braucht es die Kunst, die Wege kurz zu halten und sich von der Stadt nicht zu sehr ablenken zu lassen. Ich habe das nicht geschafft, dafür habe ich Wolfgang Tillmans in der Underground getroffen.

Timotheus Tomicek, Residency 2016

1994–2001

London, UK

44 Copperfield Road, Studio 12/3
London, E3 4RR
51° 31’ 09“ N, 0° 02’ 09“ W
UK

in Kooperation mit ACME Studios

cClaudia Rohrauer © Claudia Rohrauer

Von 1994 bis 2001 kooperierte das Auslandsatelier-Programm des BMKÖS mit ACME, Englands größtem unabhängigen Anbieter von Artspaces. 1972 von Künstler:innen für Künstler:innen gegründet, entwickelte sich die Organisation zum Pionier in der Wiederbelebung leerstehender Immobilien. Beginnend mit zwei Geschäftslokalen im Stadtteil Bow, haben sich die Aktivitäten inzwischen auf 16 Gebäude mit insgesamt 570 Studios (neben zahlreichen Gemeinschaftsflächen), vorwiegend im East End, ausgedehnt. Die österreichische Residency war in einem Stahlbetonbau am Regent’s Canal, 44 Copperfield Road, Studio 12/3, untergebracht. Das dreistöckige Fabrikgebäude umfasst 51 Studios. Gewohnt haben die Stipendiat:innen des „Maler:innenateliers“ in jenem viktorianischen Stadthaus in Bow, das auch das Fotoatelier des BMKÖS beherbergte und 1993 vom damaligen Wirtschaftsministerium angekauft und dem BMKÖS für Auslandsstipendiat:innen zur Verfügung gestellt wurde.


1994–1997

Berlin, Deutschland

Adalbertstraße 95
10999 Berlin Kreuzberg
52° 30’ 03“ N, 13° 25’ 07“ E
Deutschland

Mitten in Kreuzberg, zwischen Oranienstraße und Kottbusser Tor, war von 1994 bis 1997 das Berliner Auslandsatelier des BMKÖS in einem vierstöckigen Stadthaus angemietet, in dessen Hinterhaus sich heute das FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum für Stadtgeschichte befindet. Das Einzelatelier war organisatorisch an das Stipendienprogramm des Künstlerhauses Bethanien angeschlossen. Von 1974 bis 2010 in der ehemaligen Central-Diakonissenanstalt und Krankenhaus Bethanien am Mariannenplatz angesiedelt (heutiger Standort: Kottbusser Straße), verlief direkt hinter dem Künstlerhaus bis 1989 die Berliner Mauer. Die Stipendiat:innen lebten in einer Gegend, die sich in den 1990er-Jahren neu erfand und heute von Multikulturalität geprägt ist. Das Künstlerhaus Bethanien organisierte für jede/n österreichische/n Stipendiat:in eine Ausstellung mit Publikation. Mit zwölf Monaten Laufzeit hatte die Berliner Residency mit New York die längste Aufenthaltsdauer im Portfolio der BMKÖS Residencies. 1997 wurde das Studio aufgrund von Programmänderungen des Kooperationspartners aufgegeben.


1992–2007

Fujino, Japan

1987 Makino Fujino-machi Tsukui-gun
Kanagawa-ken Fujino 199-03
35° 35’ 54“ N, 139° 09’ 09“ E
Nihon-koku

cKarin Frank 2006 © Karin Frank

Lange Zeit galt Fujino, zwei Stunden westlich von Tokio am Sagami River gelegen, als exotischste Adresse unter den Residencies des BMKÖS. Das Wohnatelier in einem traditionellen Landhaus mit Papierwänden, Badehaus und Außentoilette bot keinerlei Luxus, dafür authentische Einblicke in das Landleben Japans und Kontakt zu vielen Kunsthandwerker:innen, die sich im Geist der 68er zum Künstlerdorf formierten – ein Umfeld, mit dem nicht alle Stipendiat:innen gleich gut zurechtkamen. Im nahen Yamanami Onsen tauchte man in die traditionelle japanische Badekultur ein. Heute verfügt der Ort mit dem Fujino Art Walk über eine Vielzahl von Outdoor-Skulpturen, die wie zufällig in die grünen Hügel geworfen anmuten. Die Destination wurde zugunsten des Tokioter Studios aufgegeben.

Das Atelierstipendium in Fujino 1998 war für mich der erste Schritt in die für mich bis dahin weitgehend unbekannte Welt Asiens. In den folgenden Jahren ergaben sich dadurch in Japan und China Einladungen zu verschiedenen Ausstellungsprojekten und Aufenthalten. Es sind in Japan Freundschaften entstanden, die sich bis jetzt gehalten haben. Die japanische Kultur, die sich in einem Leerraum herum formiert, hat mein Verständnis von Raum grundlegend geprägt und verändert. […]

Christof Schlegel, Auszug aus dem Diary zur Residency (mit Christian Teckert), Fujino, 1998

1992–2004

New York, USA

Clocktower Building, 108 Leonard Street
New York, NY 10013
40° 42’ 59“ N, 74° 00’ 12“ W
USA

in Kooperation mit P.S.1 International Studio Program

cClaudia Rohrauer v2 © Claudia Rohrauer

Das P.S.1 International Studio Program, 1976 von Alanna Heiss gegründet und im imposanten Clocktower Building in Lower Manhattan untergebracht, war wohl der begehrteste Atelierplatz. Die Vergabe erfolgte nach landesweiter Ausschreibung und einem Zehner-Vorschlag der nationalen Jury durch das P.S.1, das edgy Positionen präferierte. Mit 14 internationalen Artists in Residence hatte man hier ein ganzes Jahr Zeit, die eigene Arbeit zu verfolgen und auszustellen, sich auszutauschen und die New Yorker Kunstwelt zu entdecken. Gewohnt wurde bis 1999 im East Village: 72–74 East, 3rd Street, art. 6B und danach in Greenwich Village: 523 Hudson Street, alt. 1RS. Die Kooperation wurde 2004 nach grundlegender Programmänderung des P.S.1 beendet.

Während meiner Residency am P.S.1 begann meine projektorientierte Zusammenarbeit mit Helmut Weber. Wir stellten in der offiziellen Residency-Ausstellung und der Angel Orensanz Foundation aus, organisierten open studios mit anderen Künstler:innen und realisierten eine Einzelausstellung im Clocktower: On Conditions – eine Rauminstallation samt Tanzperformance.

Sabine Bitter, Residency 1994

1991–1999

Krakau, Polen

Izaaka 5
33-332 Kraków
50° 03’ 06“ N, 19° 56’ 48“ E
Polska

Das Krakauer Auslandsatelier des BMKÖS bestand von 1991 (ein gutes Jahr nach dem Fall des Eisernen Vorhangs) bis 1999 im Stadtteil Kazimierz, der bis zum Zweiten Weltkrieg das Zentrum der Krakauer Juden war. Nach dem Genozid wurde die Geschichte des Ortes totgeschwiegen – der Bezirk galt forthin als Armenviertel, in dem sich ab den 1960er-Jahren (auch von der Stadt unterstützt) viele Künstler:innen ansiedelten. Aufgrund seiner historisch weitgehend intakten jüdischen Siedlungsarchitektur 1978 zum Weltkulturerbe ernannt, erlangte Kazimierz vor allem als Location für Steven Spielbergs Film Schindlers Liste (1993) Berühmtheit. Mitten in diesem geschichtsträchtigen Karree, gegenüber der Isaac-Synagoge (1644 erbaut und nach Isaac Jakubowicz, dem Bankier von König Władysław IV. Wasa, benannt), hatte in dem kleinen, alten Stadthaus Izaaka 5 die Krakauer Residency für neun Jahre Quartier bezogen. Ein Ort, um sich vielleicht auch mit der wechselhaften österreichisch-polnischen Geschichte auseinanderzusetzen.


1991–1997

New York, USA

810 Broadway
New York, NY 10003
40° 43’ 58“ N, 73° 59’ 27“ W
USA

cAlexandra Grausam v2 © Alexandra Grausam

Mit der Adresse 810 Broadway in Greenwich Village unterhielt das BMKÖS von 1991 bis 1997 ein autonomes Wohnatelier. Das 70 m² große Loft im siebenten Stock war, wie Künstler:innen berichten, genau so, wie man sich eine coole New York-Location vorstellt: Groß, offen, lichtdurchflutet und mit einer riesigen Studiowand im Rücken, blickte man von hier aus auf die Dächer der umliegenden Gebäude (manche konnte man über die Feuerleitern sogar erobern). Zwischen Grace Church und Union Square hatten viele Künstler:innen ihre Ateliers angesiedelt – man war also nicht nur geografisch mitten im Geschehen. So offen wie das Atelier selbst war damals auch die Einstellung: Es herrschte ein reger Austausch und bisweilen ein ebenso stetes Kommen und Gehen.

Regelmäßig schauten Kolleg:innen aus Österreich vorbei – das Atelier als Treffpunkt war ganz in meinem Sinne, ich habe schließlich den Kontakt mit anderen Künstler:innen gesucht und aufgebaut. Daraus sind Freundschaften und Kooperationen entstanden, die bis heute bestehen – wie zur Sandback Foundation. New York hat sich eindeutig in mein Leben eingeschrieben.

Martin Walch, Residency 1997

1990–2015

Chicago, USA

1371 North Milwaukee Avenue
Chicago, Illinois 60622
41° 54’ 26“ N, 87° 40’ 17“ W
USA

Das Auslandsatelier in Chicago war lange Zeit ein Eckpunkt im Programm – ab 1990 bot es Künstler:innen 25 Jahre lang die Möglichkeit, nach „Übersee“ zu reisen, Erfahrungen zu sammeln und Kontakte zu knüpfen. Es umfasste den Top-Floor eines vierstöckigen Hauses in der North Milwaukee Avenue im Stadtteil Wicker Park – eine Gegend, die sich gegenüber dem modernen Downtown Chicago durch ihre rasterförmige, niedrige Bebauung mit traditionellen Brick Houses als „Chicago Landmark District“ auszeichnet. Durch das Österreichische Kulturforum und den Kontakt zu Galerien war das autonom geführte Atelier gut mit der lokalen Kunstszene vernetzt.

… umgeben von (zu) vielen Restaurants, Cafés und Geschäften … Chicago und Fahrrad sind eine gute und für gewisse Routen schnelle Symbiose. Kunst: Neben den Klassikern The Art Institute of Chicago oder dem MCA in Downtown haben sich immer mehr interessante junge Galerien und Artist-run Spaces rund ums Atelier und Richtung Logan Square angesiedelt.

 

Michael Strasser, Residency 2015

1990–1995

Prag, Tschechien

Nad Panenskou 6
169 00 Praha 6
50° 05’ 14“ N, 14° 22’ 59“ E
Česká republika

Das Atelier in Prag wurde 1990 installiert, unmittelbar nach der Samtenen Revolution (November bis Dezember 1989) und dem Abbau der Sperranlagen, des sogenannten Eisernen Vorhangs, der ab 1951 auch die 453 km lange Grenze zwischen den ehemaligen Kronländern Österreich und Tschechien abriegelte. Nur 300 km von Wien entfernt, war Prag zu dieser Zeit ein ziemlich weißer Fleck im kollektiven Gedächtnis. Mit dem Auslandsatelier galt es, die lokale Kunstszene zu entdecken sowie ein Land, das uns trotz seiner geografischen und historischen Nähe recht fremd war. Das Wohnatelier lag in einem Karree mit begrüntem Innenhof in Pohořelec am Rande des historischen Burgbezirks, zwischen einer imposanten Schleife der vielbefahrenen Ulica Patočkova und dem berühmten Kloster Strahov.


seit 1985

Paris, Frankreich

20 Rue Geoffroy L’Asnier
75180 Paris Cedex 04
48° 51’ 30“ N, 2° 21’ 29“ E
France

in Kooperation mit Cité Internationale des Arts

cBeatrice Dreux © Beatrice Dreux

Paris hat ein immenses, künstlerisches Erbe – lange war es die erste Station der Grand Tour –, hat sich im ausgehenden 19. Jahrhundert als Zentrum der Kunstentwicklung etabliert und ist jener Ort, an dem die Avantgarde ihren Anfang nahm. Die Pariser Wohnateliers des BMKÖS liegen zwischen Centre Pompidou und Place des Vosges im Marais – einem der ältesten Viertel im Zentrum von Paris. Angeschlossen an die Cité Internationale des Arts und deren Atelier-Programm, ergeben sich Kontakte wie von selbst, denn in den Atelierhäusern arbeiten jährlich bis zu 1.000 internationale Stipendiat:innen. Insgesamt stehen den Künstler:innen der Visuellen Kunst & Medien drei Studios – darunter auch ein ebenerdiges Atelier – für vier Monate zur Verfügung.

Das fehlt mir, seit ich nicht mehr in Paris bin: jeden Tag aufstehen, den Pariser Himmel sehen, das Brummen der Frachter von der Seine spüren und gleich an meinen Arbeiten weitertun. Ein frisches Croissant oder Baguette zum Frühstück. Der ständige Austausch mit vielen anderen Künstler:innen.

Sabine Jelinek, Residency 2018

1974–2017

Rom, Italien

Via di Tor Millina NR. 35
00186 Roma
41° 53’ 57“ N, 12° 28’ 17“ E
Italia

cTina Ribarits © Tina Ribarits

Das Studio in Rom war das erste in der Reihe der Auslandsateliers, die ab 1985 folgen sollten. Rom ist kein Zentrum für zeitgenössische Kunst. Mit seiner reichen Geschichte, der Fülle an historischen Bauten und Museen, dem Vorbild der Deutschen Akademie Villa Massimo sowie als klassische Destination der Grand Tour war Rom aber mehr als prädestiniert für den Ort der ersten Wahl. Die guten Kontakte zum Österreichischen Kulturforum haben zudem die Organisation erleichtert. An der berühmten Piazza Navona hat das Gemeinschaftsatelier (mit den Stipendiat:innen für Fotokunst und Literatur) für 33 Jahre in einem historischen Stadthaus Quartier bezogen. Laut und bisweilen übervoll sei es draußen wie drinnen gewesen – der Hauptgrund, das Pionier-Atelier 2017 zu schließen.

In Rom ist zu jeder Tages- und Nachtzeit etwas los. Mit einem bestimmten Ziel loszugehen, bedeutet meist, am Weg noch unzählige andere Dinge zu entdecken. Die Touristenmassen können anstrengend werden, entfliehen kann man dem durch Trips ins Umland, ans Meer oder nach Neapel. Die Liste mit Orten, die man sich ansehen möchte, wird mit der Zeit nicht kürzer, sondern immer länger!

Tina Ribarits, Residency 2017