Helsinki, Finnland04/25–07/25

Maaijke Middelbeek

Meine Residenzzeit im Rahmen des Helsinki International Artist Programme (HIAP) verbrachte ich auf der Insel Suomenlinna, einem UNESCO-Weltkulturerbe im Finnischen Meerbusen – etwa 15 bis 30 Minuten mit der Fähre vom Stadtzentrum Helsinkis entfernt. Suomenlinna ist ein Ort von eigentümlicher Intensität: durchdrungen von Geschichte, umgeben vom Meer, getragen von einer stillen, meditativen Atmosphäre.

HIAP ist das größte internationale Künstler*innenprogramm Skandinaviens und fest in der finnischen Kunstszene verankert. Das engagierte Team schafft eine wunderbare Balance aus professioneller Struktur und persönlicher Begleitung. Von Beginn an habe ich mich willkommen gefühlt – die Organisation ist professionell, gleichzeitig offen und menschlich. Großzügige Ateliers, vielfältige Austauschmöglichkeiten und ein lebendiges Begleitprogramm prägen die Erfahrung dort.

Während meines Aufenthalts widmete ich mich meiner fortlaufenden Forschung zur Transformation in einen Homo PHO₂TOsynthesis – einer chimärischen Lebensform, die symbiotisch mit dem photosynthetischen Stoffwechsel von Algen verflochten ist. Dieses Konzept versteht sich als spekulative Antwort auf die gegenwärtige CO₂-Belastung der Atmosphäre und als Versuch, posthumane Modelle der Koexistenz zwischen Mensch und Alge zu imaginieren.

Der helle Atelierraum auf Suomenlinna, unmittelbar am Meer gelegen, erwies sich als idealer Ort für diese Arbeit: ein Resonanzraum aus Licht, Luft und Wasser. Hier konnte ich auch Algenstämme aus der Ostsee kultivieren – trotz der höheren Raumtemperatur als im Finmari-Labor entwickelten sie sich überraschend gut. Die tägliche Präsenz des Meeres, das wechselnde Licht und die Stille der Insel wirkten wie organische Bestandteile des Projekts selbst.

Der Open Studio Day zum Abschluss der Residency bot Gelegenheit, Einblicke in laufende Prozesse zu geben und in Dialog mit Kolleginnen und Besucherinnen zu treten. Das HIAP legt großen Wert darauf, individuelle Arbeitsformen zu respektieren – ob fertige Werke, offene Experimente oder diskursive Formate. Diese Offenheit ermöglichte Begegnungen, die über disziplinäre Grenzen hinausführten. 

Rückblickend war HIAP für mich ein Ort der Konzentration und der Durchlässigkeit zugleich – ein Labor für künstlerisches Denken, das Forschung, Materialität und ökologische Imagination miteinander verknüpft. Suomenlinna bleibt mir in Erinnerung als ein Raum des Übergangs: zwischen Land und Meer, Geschichte und Gegenwart, Körper und Alge.

1. Mein Aufenthalt im Atelier in einem Wort:
  Epic
2. Dos & Don’ts an diesem Ort:
  Do: Sauna, Mölkky, Morgen- oder Abendwanderungen (weniger Tourist*innen).
Don’t: Tease the geese – und pass auf mit Eis oder Brot am Meer! Die Seagulls auf der Insel sind rebellisch und clever; sie tricksen dich aus und schnappen es dir weg.
3. Das fehlt mir / vermisse ich, seit ich nicht mehr dort bin:
  Das Inselleben, unsere Saunastunden – und zwischendurch in das eiskalte Meer zu tauchen.
4. Super Arbeitsmaterial gibt’s hier zu kaufen:
  Hobbypoint (direkt daneben ein großartiger, günstiger Vintage-Laden, wo man alles Mögliche findet – von Muscheln über Wolle bis zu Kleidung), außerdem K-Rauta und Clas Ohlson.
5. Das sollte man unbedingt von Zuhause mitbringen:
  Ein Saunatuch (wenn man öfter gehen will und nicht ständig waschen möchte) und warme Allwetterkleidung.
6. Zum Thema Kunst an meinem Residency-Ort und wo ich die besten Ausstellungen besucht habe:
  Amos Rex, Kiasma und das Programm der Bioart Society waren besonders interessant für mich. Die Helsinki Biennial (2025) auf der Nachbarinsel Vallisaari war ein Highlight – das HIAP-Team hat uns Preview-Karten mit kostenlosem Zugang und Bootverbindung organisiert. HIAP verschickt wöchentlich E-Mails mit Infos zu Vernissagen und Veranstaltungen. Ausstellungseröffnungen beginnen oft früher, meist schon ab 17:00 Uhr.
7. Rund um das Auslandsatelier – hier kaufe ich ein, trinke Kaffee und finde das beste Mittagsmenü um die Ecke:
  Der Insel-Supermarkt hat ein gutes Basissortiment, vegane Auswahl inklusive. Der Lidl im Stadtzentrum ist günstiger – Finnland ist insgesamt recht teuer.
Café Piper oder Vanille auf Suomenlinna (Rabatt für HIAP-Residents). Das Lunchbuffet im Kiasma ist sehr empfehlenswert.
Oft haben wir einfach in der HIAP-Küche oder gemeinsam in den Ateliers gekocht. Außerdem organisierten wir mit den Artists in Residence verschiedene Potlucks und im Sommer zwei BBQs.
8. Den Tag lasse ich bei einem Dinner, Drinks, gutem Sound oder zum Networken häufig hier ausklingen:
  Oft haben wir uns in den Ateliers, am Meer oder in der Sauna getroffen (es gibt vier Saunastunden pro Woche für HIAP) – sehr entspannt und persönlich. Wir besuchten viele tolle Ausstellungseröffnungen; HIAP verschickt jede Woche eine Liste mit Empfehlungen. Und viele schöne Abende verbrachten wir in der lokalen Linna Bar auf der Insel, wo man leicht mit Locals ins Gespräch kommt (auch dort gibt es Rabatt für Artists in Residence).
9. Was ich eigentlich gerne schon am Beginn meiner Residency über das Atelier gewusst hätte:
  HIAP ist so gut organisiert – bevor ich losgefahren bin, hatte ich bereits alle praktischen Informationen.


Website Resident:              maaijkemiddelbeek.com