Paris, Frankreich05/25–08/25

Veronika Merklein

In den ersten Wochen will man ALLES: alle Künstler*innen der Cité kennenlernen, die ganze Stadt entdecken und die eigene Kunst weiterentwickeln. Irgendwann kommt allerdings die Gewissheit, dass Fear of Missing Out ein Alltagsgefühl ist. In Paris verpasst man nämlich immer irgendwas – und das ist völlig okay.

Mein Projekt startete eher schleppend. Ich war mit einem Recherchevorhaben gekommen, das davon abhing, bestimmte Menschen zu finden, deren Namen ich zunächst nicht kannte. Schnell merkte ich, dass Französ*innen E-Mails nicht spontan – wenn überhaupt – beantworten. Zwischenzeitlich dachte ich schon, mein Projekt könnte „Never received a response“ heißen. Doch irgendwann löste sich der Knoten: Ich identifizierte die gesuchten Personen, konnte einige von ihnen interviewen und fand mich plötzlich in der Rolle einer Geschichtsforscherin wieder. Diese neue Perspektive öffnete mir ganz neue Wege in meiner Arbeit und bereichert mich ungemein.

Paris ist eine Stadt voller Tourist*innen. Um die großen Hotspots entspannter zu erleben, empfehle ich, sie abends oder unter der Woche zu besuchen. Den Sommer hatte ich anfangs eher skeptisch gesehen, doch er war am Ende milder als gedacht – und im August ist die Stadt wunderbar leer. Ein Erfrischungstipp ist der Parc des Buttes-Chaumont, der dem Wiener Türkenschanzpark als Vorbild diente.

Entgegen aller Klischees sind Pariser*innen keineswegs arrogant, vielmehr hatten mein Partner und ich wunderbare und witzige Begegnungen beim Versuch, uns mit unserem unbeholfenen Französisch durchzuschlagen. Und auch wenn ich mich lange dagegen gesträubt habe, das typische Touristenprogramm mitzumachen, lohnt sich der Besuch des Eiffelturms definitiv – vor allem abends, wenn er zur vollen Stunde in funkelndes Licht getaucht wird. Die beste Aussicht auf den Turm hat meiner Meinung nach der Trocadéro-Platz.

Der Stadtverkehr ist ein Thema für sich oder, wie es eine Künstlerkollegin treffend beschrieb: „Rot ist nur eine Empfehlung“. Die Metro ist effektiv, aber barrierefrei geht anders. Busse sind oft überfüllt, die U-Bahn ein regelrechtes Labyrinth – da lobe ich mir Wien. Mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, ist sicherlich super, solange man dem Pariser Straßenanarchismus standhält.

Mein Fazit: Ich komme wieder, ich komme wieder mit frischem Geld und ich komme wieder, um an meinem Projekt weiterzuarbeiten und weil Paris einfach eine wunderbare Stadt und die Cité ein einzigartiger Ort ist.

Tipp: Wenn man sich für ein Auslandsstipendium an der Cité bewerben möchte, habe ich eine wichtige Empfehlung: Die Cité erwartet am Ende kein fertiges Produkt, vielmehr einen Work in Progress und die Bereitschaft, sich auszutauschen.

1. Mein Aufenthalt im Atelier in einem Wort:
  Aufregend
2. Dos & Don’ts an diesem Ort:
  Dos: Monatskarte immer mit Bild (nicht übertragbar!), ein Open Studio machen
Don'ts: Sich den Fuß brechen ;), kein Auto in der Innenstadt fahren!!!
3. Das fehlt mir/das vermisse ich, seit ich nicht mehr dort bin:
  Alltagstypographie, gut gekleidete Menschen, Diversität, die französische Sprache
4. Super Arbeitsmaterial gibt’s hier zu kaufen:
  Es gibt eine Cité-Karte und eine lange Liste für Material, ansonsten hilft auch die WhatsApp-Gruppe immer weiter.
5. Das sollte man unbedingt von zu Hause mitbringen:
  Geschirrhangerl, Handtücher, Badezimmerteppich, ein gutes Messer, Zigaretten, falls man raucht (Vapen allerdings günstiger). Im Wesentlichen kann man aber alles auch vor Ort bekommen.
6. Zum Thema Kunst an meinem Residency-Ort und wo ich die besten Ausstellungen besucht habe:
  • Louis Vuitton Foundation
• Pinault Collection
• Musée d’Orsay
7. Rund um das Auslandsatelier – hier kaufe ich ein, hier trinke ich Kaffee und hier gibt’s das beste Mittagsmenü um die Ecke:
  Kitchen Commune (Mittagsmenü um 10 € mit Cité-Card), Le Paradis du Fruit, Feigeneis bei Baltis, Schweinebauch-Baos bei Chez Aljas, Gebäck bei Le Boulanger de la Tour, Wochenmärkte für frisches Obst und Gemüse, Großeinkäufe bei Auchan oder Lidl – ansonsten einfach eintauchen.
8. Den Tag lasse ich bei einem Dinner, Drinks, gutem Sound oder zum Networken häufig hier ausklingen:
  La Gare Le Gore (Jazz – später am Abend Technoclub), La Perla (sehr gute alkoholfreie Cocktails), Seine-Ufer
9. Was ich eigentlich gerne schon am Beginn meiner Residency über das Atelier gewusst hätte:
  Fotos, Grundschnitt, Ausrichtung, Ausstattung (hatte am Ende zu viele Küchenutensilien mitgebracht)


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